Oktober 2017
29OktGanztätig17DezNO FUTURE KomplexFoutueAltes Rathaus
Sich in die Referenzen setzen (Es ging darum interessantes Material zu haben) Andere AutorInnen wie z.B. Draxler, Rebentisch, Brassier oder auch schon Poititout: Nur wenn man sich die jeweilig unterschiedlichen Logiken
Sich in die Referenzen setzen (Es ging darum interessantes Material zu haben)
Andere AutorInnen wie z.B. Draxler, Rebentisch, Brassier oder auch schon Poititout: Nur wenn man sich die jeweilig unterschiedlichen Logiken der verschiedenen Felder bewusst macht und diese ernsthaft verfolgt, lässt sich erst wirklich etwas fassen oder verhandeln. Dem stimmen wir zu. Erst wenn eine Praxis in ihrer Logik so scharf und genau wie möglich wird, kann sie richtig funktionieren, d.h. einen nächsten Schritt formulieren. Allerdings: Wir sitzen an überlasteten Netzwerken, die Übertragung ist ruckend und hölzern, wir sehen uns wie mäßige Animationen. Und: Schließlich ist es aber auch verständlich, dass niemand seine Lebenszeit mit einer Versenkung in Institutionen verschwenden will, die man eigentlich ablehnt.
Mal raus kommen (Die Seele baumeln lassen)
»Was heißt das, etwas perfekt anzustellen?«, fragt Donald Duck. »Nicht herumzuprahlen«, sagte Goofy. »Nicht da reinzustürmen, eine Party zu feiern und sich sofort erwischen zu lassen.« Das System war im »Off«-Modus. Und im »Off«-Modus gab es kein Privateigentum, keinen Unterschied zwischen Burger King und Petzis Handyshop. Alles, was vorher hinter Stahl und Glas gehortet wurde, war zu haben. Plündern war nicht Stehlen oder Einkaufen mit anderen Mitteln. Es war eine Erklärung, und zwar eine, die ich verstand, als ich den Feuerlöscher durch das Fenster krachen sah: Nikes sind leicht. Damit sie schnell sind. (Weil ich nicht authentisch war, wurde ich den Rest der Nacht wie Luft behandelt – wie auch in den darauf folgenden Tagen, als alle wieder ihre »On«-Buttons rausholten.)
S.I.A.: Selbstversuch Irgendwo Anzukommen (Der Debütantenball)
Der leiseste lebendige Gedanke wirkte wie eine Taktlosigkeit. Trotz des guten Tons, der auserlesensten Höflichkeit und dem allgemeinen Bestreben, sich beliebt zu machen, stand die Langeweile auf allen Stirnen zu lesen. Die jungen Leute, die pflichtgemäß ihre Aufwartung machten, hatten Angst, über irgendetwas zu reden, was den Verdacht eines eigenen Gedankens nahelegen oder irgendwelche verbotene Lektüre verraten mochte, und schwiegen nach einigen eleganten Redensarten. Und sie stehen dort weiter stramm, eine heimliche Parade in aller Öffentlichkeit, und benehmen sich, als hätte Zeit keinen Wert, und was für eine Lüge das war. Eine Lüge, die mir nichts ausmachte. Schon Karl Philipp Moritz hatte Ende des 18. Jahrhunderts explizit festgestellt: Das Leben müsse interessant sein, um die unausstehliche Langeweile zu vermeiden. In der Romantik tauchte dann das Wort interessant meist gemeinsam mit dem Begriff Langeweile auf. Die beiden Wörter verbreiteten sich in etwa gleichzeitig und ihre Verwendung nahm stetig zu. Beide Wörter bewirken, dass die Sonne sich nur schwer oder gar nicht zu bewegen und dass der Tag fünfzig Stunden zu haben scheint. Beide Wörter treiben einen an, ständig zum Fenster hin zu schauen und an die Tür zu springen, ob nicht ein Bruder käme. Weiter impfen beide Worte eine Aversion gegen den Ort ein, an dem man lebt, und gegen die Lebensweise selbst, gegen die Arbeit und die Idee, dass die Liebe bei den Schwestern und Brüdern verschwunden ist und dass es niemanden gibt, der einen tröstet.
Bewegungen (aus der Mitte heraus)
Ich hatte bloß meine Wohnung verlassen, um herumzuschlendern, wie ich es jeden Abend versuche. Die Reisen der letzten Jahre haben mich in allerlei schräge Situationen gebracht, wobei ich wachsende Schwierigkeiten bekomme, diese recht auseinanderzuhalten. Sie vermischen sich in meiner Erinnerung immer mehr, auch mit dem, was ich gelesen oder in meinen Träumen erlebt habe. Fast so wie ich mir lange vorgestellt habe, dass es alles spannender sein könnte. In einem Bus auf Maniok und irgendwelchen unbekannten Nüssen herumkauen und durch den morgendlichen Dunst von Mali oder Burkina Faso fahren, in kleinen, heißen Räumen mit unverputzten Betonwänden auf den Philippinen bei Autolärm und dem Gebrüll des Instructors endlos undenkbare hubod-lubod-Kombinationen üben, dann Humboldt-Forum, Photosynthese, dann wieder das Café im Sky-Markt, Straßen irgendwelcher Großstädte, Strände, am Kiosk, Barrikaden in Hochhäusern, von zwei Sonnen gewärmt zu werden, Gerüche von verwelkenden Magnolien, bratendem Chili, Benzin und Lösungsmitteln, ungelüfteten Räumen, immer wieder Zigarettenrauch, auf Bänken sitzen und Gespräche in Luxemburgisch, Vietnamesisch, Deutsch, Französisch, Hebräisch belauschen oder wahlweise die Ambiance einer U-Bahn-Haltestelle, eines Biobauernmarktes, einer Messe für Metallverarbeitung oder einer Autobahnraststätte.
Unter dem Label NO FUTURE KOMPLEX trainieren zurzeit Mitra Wakil, Stephan Janitzky und Sebastian Stein mit einem weiter gefassten, freundschaftlichen Zusammenhang den Angriff auf hermetische Formatierungen im Kontext der zeitgenössischen Kunst und der dazu in Beziehung stehenden Theorieproduktion. Ausgangspunkt war die Workshopreihe »NO FUTURE: bourgeois escapism and preaching to the converted« im November 2011 im Lothringer13_Laden, einem Kunstraum in München, den Mitra Wakil, Stephan Janitzky und Sebastian Stein von 2011 bis ca. 2014 mitorganisierten.
Fotos zur Ausstellung:
Datum
29. Oktober (Sonntag) - 17. Dezember (Sonntag)
Veranstaltungsort
Altes Rathaus
Markt 9, 37073 Göttingen